MT-Artikel zum Thema "Stadtkonzept" Screenshot

Stellungnahme der Wählervereinigung „Wir für Minden“ zur „Stadt-Strategie“, die am 30. März 2023 in der Mindener Stadtverordnetenversammlung beschlossen werden soll

Die Wählervereinigung hat hierzu auf Fragen einer Mindener Tageszeitung umfangreich geantwortet:

Die Wählervereinigung „Wir für Minden“ hat sich in den letzten Monaten intensiv mit den vorgelegten Arbeitspapieren beschäftigt und sich natürlich hierzu eine umfassende Meinung gebildet. Bedauerlicherweise ist es natürlich schwierig, auf ein Strategiepapier in kurzen Worten zu antworten, dass in mehreren Jahren gewachsen ist und mehrere Dutzend Seiten Information beinhaltet. Trotzdem versuchen wir Ihre Fragen in der entsprechenden angemessenen Weise zu beantworten:

Wie beurteilen Sie die Wirksamkeit und die Strahlkraft der Gesamtstrategie?

Die Wirksamkeit eines jeden Strategiepapiers ist immer davon abhängig, wie die jeweiligen beteiligten Akteure damit umgehen und welche Einflüsse von anderer Stelle darauf einwirken. Die letzten Jahrzehnte ist immer in Minden erkennbar, dass Papiere erstellt wurden, Gutachten in Auftrag gegeben wurden und Prozesse angestoßen wurden und dann in der „Versenkung“ oder in „Schubladen“ verschwanden oder von der Realität überholt wurden.

Dies gilt insbesondere für Innenstadt-Gutachten (wir erinnern uns noch an die Diskussion um Diskothek und Großkino am Simeonsplatz) oder an die vielen Einzelhandelsgutachten.

Das Zusammenspiel der Akteure aus Verwaltung, Politik und Stadtgesellschaft ist meistens an der Nachhaltigkeit der Umsetzung oder an finanziellen Aspekten gescheitert oder ins Stocken geraten. Auch die in Minden bekannte intransparente Arbeitsweise der Verwaltung hat in einigen Fällen dazu geführt, dass strategische Ziele nicht umgesetzt wurden und die Akteure nach geraumer Zeit überrascht waren, woran Ideen oder Ziele gescheitert sind.

Die aktuellen Diskussionen um die Multihalle, den jahrelangen Umbau des Rathauses, die Sanierung des Stadttheaters oder auch die Umsetzung des Ratsbeschlusses zur Installierung der „Anti-Terror-Poller“ in der Innenstadt zeigen deutlich die Schwachpunkte gerade in Minden auf, bei denen Wunschdenken und Realität auseinanderklaffen.

Erst wird eine Idee geboren und ein Beschluss gefasst und damit eine Erwartungshaltung in der Bevölkerung geweckt, die dann wie ein Kartenhaus zusammenbricht. Dies liegt einerseits in Teilen im Fachkräftemangel in der Verwaltung, andererseits aber auch im fehlenden Kontrollmanagement der Politik in den laufenden Prozessen. Hier zeigt sich deutlich, dass der Rat seiner Kontrollfunktion nicht genügend nachkommt und die Verwaltung ihre Informationspflicht in Teilen vernachlässigt hat. Hier erinnern wir uns nur zu gut an die Diskussionen im Mindener Stadtrat zu den „intransparenten Gutachten“ zur Multifunktionshalle.

Auch dieses „Stadt-Strategie-Papier“ zeigt wieder einmal Schwächen schon im Ansatz. Das Wort „Strahlkraft“ ist im Zusammenhang mit der „Stadtstrategie 2032“ sicherlich komplett fehl am Platz. Die Wählervereinigung „Wir für Minden“ begrüßt zwar, dass alle wünschenswerten Punkte aus unserem Wahlprogramm 2020 übernommen bzw. eingearbeitet sind, oder sich in den einzelnen Punkten wiederfinden, doch hat eine „Wunschliste“ nichts mit „Strahlkraft“ zu tun. Viele Punkte sind vollkommen übertragbar und austauschbar in jeder deutschen Mittelstadt.

Das Papier ist also in Gänze beliebig und damit höchstens als Grundlage für Beratungen im Arbeitskreis „Steuern und Finanzen“ brauchbar, nicht aber für Visionen oder gar Leuchtturmprojekte, die Strahlkraft besitzen.

Das Papier strotzt von Selbstverständlichkeiten und Positionen, die sich schon aus der Entwicklung der globalen Welt oder aus dem bundespolitischen Alltag ergeben. Das Thema „Klimawandel“ z.B. gehört eigentlich gar nicht mehr in ein Strategiepapier, sondern ist ein Pflichtprogramm für jede Stadt.

Wo sind die sozialen Visionen ? Wo sind die Ideen für die Stadtgesellschaft, das Ehrenamt in unserer Stadt und die Entwicklung unserer Vereine?

Selbst beim Thema „Transparenz und Bürgerbeteiligung“ hat die Verwaltung 7 ( in Worten sieben) Jahre gebraucht, um einen Ratsbeschluss umsetzen und die Bürger angemessen zu informieren und mitzunehmen.

Die Unterstützung der ehrenamtlichen sachkundigen Bürgern im Integrationsbeirat, Seniorenbeirat und dem Beirat für Menschen mit Handicaps hat der Rat vor Jahren avisiert. Auf die finanzielle Ausstattung warten die Betroffenen immer noch.

Politik ist immer der Kompromiss aus dem Wünschenswerten und Notwendigem in Verbindung mit dem Finanzierbaren. Doch dazu gehören auch der Wille und die zeitnahe Umsetzung durch Verwaltung und Politik. Daran sind aber viele wichtige Maßnahmen in den letzten Jahren gescheitert.

Auch der Faktor Zeit spielt eine große Rolle. Je länger eine Maßnahme oder ein Projekt bis zur Umsetzung dauert, desto teurer wird es und desto frustrierter sind die beteiligten Akteure und die Bevölkerung. Hier lässt sich konkret wieder ein aktuelles Beispiel anführen. Die „Toiletten Diskussion“ in der Innenstadt entwickelt sich zu einer „Lachnummer“.

Verurteilen werden wir auf jeden Fall die Umsetzung von ideologischen Dogmen. Hier zeichneten sich in jüngster Vergangenheit schon einige „Strategen“ mit überzogenen Forderungen aus, die schon an „Realitätsverlust“ grenzen. Es geht um Ziele für die ganze Stadt und nicht um „Klientelpolitik“.

Welches strategische Ziel ist von den zehn Benannten für Sie von allen das Wichtigste und warum?

Alle zehn strategischen Ziele haben für die Stadt Minden, wie auch für jede andere Stadt, eine Bedeutung und finden sich auch in unserem Wahlprogramm wieder. Alle Ziele haben eine Berechtigung und eine entsprechende Wichtigkeit für den jeweiligen betroffenen Teil der Stadtgesellschaft.

Hieraus eine Priorität abzuleiten, würde sicher den anderen Zielen nicht gerecht. Alle Punkte sind so allgemein gehalten, dass jeder Mindener und jede Mindenerin diese sofort unterstützen kann. Die individuelle Betroffenheit der einzelnen betroffenen Akteure oder Bürgerinnen und Bürger führt bei jedem zu einer unterschiedlichen Rangliste. Aufgabe der Politik und des gesamten Stadtrates allerdings ist es, alle Bürgerinnen und Bürger zu vertreten.

Daher werden wir uns nicht auf eine Rangliste festlegen und berechtigte Interessen Einzelner oder Gruppen diskriminieren.

Entscheidend ist allerdings die Tatsache, dass die Politik und auch die Verwaltung von äußeren Einflüssen gesteuert werden. Dies sind erstens die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Bundes und des Landes, die entweder Verfahren und Beschlüsse durch Vorgaben erschweren oder durch Fördermittel erleichtern. Dies kann dann im Tagesgeschäft zu einer Verschiebung der Prioritätenskala führen und zum Umdenken bei bestimmten Projekten im Zeitraum bis 2032. Weiterhin ist der Handlungsspielraum der Politik und der Verwaltung durch die Finanzkraft der Kommune beschränkt.

Hier werden wir in den kommenden Jahren durch Steuereinbußen, höhere Energie- und Personalkosten sowie steigende Pensionskosten für die Beamtinnen und Beamten mit erheblichen Einschnitten in der finanzpolitischen Manövriermasse leben müssen.

Viele Ziele werden zurückgestellt , wir sehen dies derzeit auch schon bei Baumaßnahmen, oder nur in kleinen Schritten umsetzbar werden.

Die Erwartungshaltungen werden zurückgeschraubt werden müssen. Das wird bei einigen Kommunalpolitikern zu erheblichen Problemen führen, da sie es gewohnt waren, „großzügige Forderungen“ zu stellen und in ihrem Wahlkreis Versprechungen zu machen. Dies wird sich in den nächsten Jahren verändern und zu einer anderen Politik führen müssen.

Wir werden uns auf das Notwendige und Machbare beschränken müssen. Daher ist eine Diskussion über eine Priorität von Zielen schon dadurch festgelegt.

Nennen Sie das für Sie wichtigste Schwerpunktziel (es sind 39) mit kurzer Begründung.

Auch hier gilt das schon Gesagte. Eine Schwerpunktbildung ist gar nicht notwendig, da diese durch die zukünftige Entwicklung vorgegeben ist,

Viele der 39 Einzelpunkte können von uns uneingeschränkt unterstützt werden.

Allerdings gilt für alle Punkte die Finanzierbarkeit im Rahmen der Haushaltsführung der Stadt Minden. Wir wünschen uns Bildung und Teilhabe genauso wie die Stärkung von bezahlbarem Wohnraum und die Förderung von Kultur- und Freizeitangeboten.

Dies lässt sich aber nur durch eine starke Finanz- und Steuerkraft umsetzen. Hier ist daher die Förderung der Wirtschaft und damit die Ansiedlung von Betrieben eine große Aufgabe, um die Steuerkraft zu verbessern. Denn damit sind auch die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Schaffung von Kaufkraft verbunden, die insgesamt allen Zielen zugute kommen. Hierzu gehört die Förderung einer attraktiven Innenstadt mit einer sinnvollen Infrastruktur, die Radfahrende und Fußgänger genauso berücksichtigt wie autofahrende Touristen oder Pendler aus dem Umfeld.

Hier brauchen wir zeitnah auch fachliche Expertise und eine sinnvolle interkommunale Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden und dem Kreis Minden-Lübbecke, um zukunftsfähig zu bleiben bzw. in manchen Bereichen zu werden. Gerade im Tourismusbereich wäre eine intensivere Zusammenarbeit mit der Stadt Porta Westfalica wünschenswert.

Die Diskussion im Haupt-und Finanzausschuss hat es auf den Punkt gebracht. Eine falsche Priorisierung könnte auch ein falsches Signal an mögliche Investoren und potentielle Unternehmen sein, die sich in Minden ansiedeln möchten. Hier bedarf es auch bei einigen Ratsvertretern ein Umdenken. Forderungen einiger Politiker und Politikerinnen z.B. nach einer autofreien Innenstadt z.B. sind nicht nur wirtschaftsfeindlich und vernichten Arbeitsplätze, sondern behindern andere Ziele wie z.B. Attraktivität der Innenstadt und/oder Förderung der kulturellen Vielfalt.

Wie werden Sie feststellen, ob diese Ziele verfolgt und erreicht werden?

Die Stadtverordnetenversammlung sollte einen Kriterienkatalog verabschieden, wie Politik und Verwaltung zeitnah und regelmäßig über den Fortschritt der Umsetzung von Einzelmaßnahmen oder die Erfüllung von Zielen berichtet. Hier halten wir einen regelmäßigen Bericht im Haupt- und Finanzausschuss oder sogar regelmäßig in der Stadtverordnetenversammlung für sinnvoll und notwendig.

Der Bürgermeister muss erkennen, dass auch in den laufenden Ausschüssen das Berichtswesen und das Protokollwesen erheblich verbessert werden müssen. Es kann nicht angehen, dass Protokolle der wichtigen Ausschüsse immer noch manchmal bis zu zwei Monate dauern. Dadurch verzögern sich die Umsetzung von Beschlüssen und die Transparenz von laufenden Verfahren ist nicht mehr gegeben. Bürgerinnen und Bürger, aber auch die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker haben ein Anrecht auf zeitnahe Information. Das Berichtswesen muss auch für die Mitarbeitenden in der Verwaltung ein Ansporn sein, dass sie ein wichtiger Teil des Prozesses sind. Hier gilt es, erhebliche Defizite abzubauen.

Wir werden regelmäßig die Ziele verfolgen und diese zum festen Bestandteil unserer laufenden Vorstands- und Vereinsarbeit machen. Dazu gehören dann auch regelmäßige Gespräche und Einladungen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, aber auch anderen wichtigen Akteuren aus der Stadtgesellschaft und Treffen mit Verbänden und Vereinen, um den Informationsfluss beidseitig zu fördern.

Entscheidend aber ist, wie der Chef der Verwaltung und sein Führungsstab zukünftig mit einer transparenten Informationskette umgehen und wie Fehlentwicklungen zeitnah in die entscheidenden Gremien transportiert werden. Ein nicht-öffentlicher Ältestenrat und eine nicht-öffentlicher Arbeitskreis „Steuern und Finanzen“ sind nicht die Gremien, die wir uns wünschen, um alle Bürgerinnen und Bürger angemessen mitzunehmen und über die Entwicklung und Umsetzung von Zielen und Maßnahmen zu informieren.

Was tun Sie, wenn diese Ziele aus Ihrer Sicht nicht ausreichend verfolgt werden?

Die Gemeindeordnung des Landes und die Hauptsatzung und Geschäftsordnung der Stadt Minden ermöglichen nicht nur den Mitgliedern der Fraktionen und des Rates ein erhebliches Mitspracherecht, sondern auch ein Kontroll- und Antragsrecht. Dies gilt im Übrigen auch für Einwohnerinnen und Einwohner im Rahmen der Einwohnerfragestunde und die Bürgeranträge nach der Gemeindeordnung.

Die Wiedereinführung des Rats-TV sollte ebenfalls hilfreich sein, die Umsetzung der Ziele transparent an die Stadtgesellschaft zu vermitteln.

Hier erwarten wir von Bürgermeister Michael Jäcke auch endlich ein klares Wort zur konstruktiven Teilhabe der Bürgerschaft und verstärkter Nutzung der neuen Medien. Wir brauchen das „Rad nicht neu erfinden“. Andere Städte haben schon bewiesen, wie intensiv neue Medien genutzt werden können, um die Bevölkerung aktiv an der Stadtentwicklung zu beteiligen.

Wir werden, wie immer, die Entwicklung sachlich und kritisch beobachten und natürlich Konsequenzen fordern, wenn Ziele aus unserer Sicht nicht ausreichend verfolgt werden. Doch dies bedarf natürlich einer sachgerechten Einzelprüfung, denn nicht für alle Fehler in der Verwaltung ist nur der Bürgermeister allein verantwortlich. Denn auch hier wird uns die Realität des Machbaren in der Zukunft einholen und wenn es die Haushaltslage nicht zulässt, müssen wir gegebenenfalls auch die Ziele anpassen.

Und auch wenn es uns und auch anderen Personen schwerfällt. Am Ende wird in unserer Stadtverordnetenversammlung immer eine Mehrheit entscheiden und damit nicht nur die Weichen stellen, sondern auch für Fehlentwicklungen verantwortlich zeichnen.

Hier darf dann die Bürgergesellschaft bei der nächsten Kommunalwahl in 2025 korrigierend eingreifen und durch Stimmabgabe für andere Mehrheiten sorgen.

So ist das halt in einer Demokratie und das ist auch gut so.

Frank Tomaschewski         Thorsten Vogt

Vereinsvorsitzender           Stadtverordneter

„Wir für Minden“                „Wir für Minden“

Hier der Link zum MT-Artikel zum Thema Stadt-Strategie: Klima, Wirtschaft, Bürgerbeteiligung: Das sagen die Fraktionen zur Stadt-Strategie

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